Der Ausgangspunkt meiner Reisen: Wien, wo Nazis, Tschuschen und ich für beste Lebensqualität bei internationalen Vergleichen sorgen.
Am liebsten ist mir eine U-Bahnfahrt zur Rush-Hour, diese eignet sich am besten, um das multikulturelle Miteinander zu beobachten. Ich stand in einer überfüllten Zuggarnitur und sah eine sitzende Omi mit einem Mantel und einem Hut, wohl der letzte Schrei, damals in der braunen Ära Österreichs. Sie beschwerte sich über den Gestank eines Kebabs, der genüsslich knapp neben ihr von einem jungen Tschuschen verzehrt wurde. Er möge verschwinden, der grausliche Bengel. Er blieb und schmatzte ihr ins Ohr. Sie konnte es nicht glauben, dass er weiterhin so frech war. Nachdem er sich die Finger ableckte und sie anrülpste, meinte er höflich, er wäre weggegangen, wenn sie ihn darum normal gebeten hätte. Die Art und Weise, wie sie zu ihm war, fand er nicht nett, sagte er und fragte sie, ob sie wohl noch immer eine alte Nazisau sei. Ein ebenfalls jüngerer Mann, ein Tiroler im Holzfäller-Gewand, schritt ein, er möge ruhig sein, es reicht. Er möge selber ruhig sein, er war ja nicht unhöflich, sie hat begonnen und überhaupt, er soll sich nicht einmischen, sonst wird er ihm die Fresse polieren und dann wird er es seiner Mutter besorgen.
Ein paar Fahrgäste hielten ihn zurück, somit konnte er sein erstes Vorhaben nicht realisieren, aber die Mutter wird er ordentlich rannehmen, er wird schon sehen!
Der Zug blieb in der nächsten Station stehen. Der mittlerweile beruhigte Kämpfer wollte aussteigen, doch die hereinströmende Masse drängte ihn zurück. Mit viel Kraft konnte er sich durchzwängen. Draußen angekommen meinte er mit rotem Kopf zu den gerade eingestiegenen Fahrgästen, dass man die Menschen zuerst aussteigen lassen soll! Sie sollen wieder rauskommen, denn er wird sie verprügeln, denn nichts anderes haben sie verdient! Die Tür ging zu und ich hörte noch leise, dass er es den Müttern besorgen wird.
Die Alte genoss ihren Sieg. Jedem Anwesenden gab sie zu verstehen, dass dieses Saupack einfach keine Manieren hat.
Mein Wien. Manchmal bin ich gerne hier. Oft nicht.
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