Die Anreise erfolgte, zwecks späterer erhöhter Promille Werte per Schnellbahn. Gegen zehn Uhr vormittags am Bahnhof Wien Mitte, im dritten Wiener Gemeindebezirk, startete die Odyssee. Auf der Mitte der Strecke gesellten sich meine Eltern dazu, um mir deren Leid, dass sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durchlebt hatten zu erzählen. Wir tauschten uns über Unpünktlichkeiten, Orientierungsschwierigkeiten, Fahrplanänderungen und vieles mehr aus.
Der Pendlerbus zum Kellergassenfest
Nach geschlagenen dreißig Minuten erreichten wir die Station Korneuburg und stiegen in den Bus um, der speziell für jenen Tag im April bereitgestellt wurde und zwischen Bahnhof und Stetten pendelt. Dort war die Stimmung schon im vollen Gange, wir wurden mit einem lauten Hallo empfangen, ich suchte mir ein Plätzchen in der letzten Reihe, in der Hoffnung dem Trubel ein wenig zu entgehen, aber da ließ sich schon eine ziemlich übergewichtige Frau auf den Platz neben mir plumpsen und verwickelte mich in ein Gespräch, über den Wein, das Leben und unzuverlässige Verkehrsmittel. Von meiner Familie konnte ich nur die Köpfe sehen, die einige Reihen weiter vorne rhythmisch auf die Gegebenheiten der Straße folgernd wackelten.
So saßen wir in dem vollgestopften Bus, wo es langsam aber sicher zu müffeln begann, und meine Laune sich dem Nullpunkt näherte. Mein Blick streifte die fettig glänzenden, aufgequollenen, noch vom Winter blassen Gesichter, hie und da konnte man auch schon eine gewisse Röte um Augen und Nasen feststellen. Widerlich.
Erste Zweifel
Warum tat ich mir die Reise von Jahr zu Jahr wieder an? Vielleicht lag es an meiner leicht masochistischen Ader oder es war schlicht und ergreifend die Gewohnheit, die mich dazu trieb. Nach fünfzehn Minuten, die mir vor kamen wie fünfzehn Stunden, konnte ich endlich dieser vordergründig lustigen Stimmung entgehen, als mir das Frühlingslüfterl um die Nase strich, kam mir, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, ein entspanntes Gefühl hoch. Dieses aber wurde wieder jäh beendet als ich die Massen sah, die sich langsam aber stetig in Richtung Heurigen wälzten. Zuvor musste man allerdings noch ein Glas kaufen, welche die meisten besonders schlauen Besucher schon in bunten Häkelnetzchen baumelnd, um ihre dicken Hälse trugen. Welch skurriler Anblick.
Der Höhepunkt
Nach etlichen Stunden des Trinkens forderte der erhöhte Alkoholspiegel im Zusammenspiel mit den außergewöhnlich heißen Temperaturen ihre ersten Opfer, fast wäre ich beim Spazieren durch die Weingärten über ein eng umschlungenes friedlich dösendes Paar gestolpert, dass es sich im Schatten der Weinreben auf dem warmen, weichen Lehmboden bequem gemacht hatte. Beim genaueren Hinschauen entpuppte sich eben diese Paar als unsere Freunde aus Antwerpen.
Die österreichische, beziehungsweise tschechische Fraktion, die aus meiner und der Familie meines Mannes Bestand, war bei weitem Trinkfester, aber nach sechs oder sieben Stunden wurden ihre Blicke zunehmend glasiger und ich rief höflich aber bestimmend zum Aufbruch auf. Anfänglich weigerten sie sich noch, aber ich griff mit aller Härte durch und bugsierte sie In Richtung der wartenden Busse. Als wir auf unseren Plätzen saßen, zählte ich noch einmal wie im Kindergarten durch, und da erkannte ich, dass zwei Personen fehlten. Nervös sprang ich von meinem Sitz hoch und wollte schon hinaus stürmen, als die belgischen Freunde in aller letzter Minute leicht torkelnd um die Ecke bogen und in den Bus wankten. Sie ließen sich ebenfalls auf die weichen Plüsch sitze fallen und schliefen Kopf an Kopf, wie zwei verliebte Tauben ein.
2 Kommentare
Oje, das klingt nach einer anstrengenden Kulturreise?
Ohh ja, das war sie?